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"Geschichte
Die am Nordrand der Altstadt pittoresk auf dem Kirchbühel gelegene Andreaskirche ist in ihrer heutigen Gestalt das Ergebnis mehrerer Bau- und Ausstattungsphasen. 1987 durchgeführte Grabungen brachten die Reste einer einfachen Saalkirche mit halbrunder Apsis zum Vorschein. In diesem Ursprungsbau wird die Kirche jenes aus Bayern eingewanderten Adligen Chizzo vermutet, nach dem der Ort benannt ist. Um 1200 erfolgte unter Beibehaltung der Südwand eine erste romanische Erweiterung, die bereits ein halbes Jahrhundert später einem Neubau wich. Von diesem spätromanisch-frühgotischen Neubau wurde, als ältester erhaltener Teil, der schlanke Chorwinkelturm in den gotischen Neubau übernommen. Um 1360 wurde die romanische Apsis durch einen gotischen Polygonalchor ersetzt.
Wirtschaftliche Blüte und gewachsene Bevölkerung ließen im 15. Jahrhundert den Plan zu einem umfassenden Neubau reifen. 1435 wurde der Grundstein zu einem spätgotischen Hallenlanghaus gelegt. Mit dem Salzburger Stephan Krumenauer konnte für Entwurf und Ausführung einer der bedeutendsten Baumeister der alpinen Spätgotik gewonnen werden. Dennoch konnte das Langhaus erst nach jahrzehntelanger Bauunterbrechung 1506 gewölbt und anschließend geweiht werden. Als letzte mittelalterliche Baumaßnahme fügte der Kitzbüheler André Klepat der Nordseite des Langhauses die zweigeschossige Sakristei an.
1711 bis 1712 stockte Hans Mödlinger aus Lofer den Turm auf und versah ihn mit einer barocken Haube. Eine 1785 bis 1786 durch den Kitzbüheler Andrä Hueber durchgeführte Barockisierung des Inneren hat sich nur im Chor erhalten. Die Stukkaturen und Deckenfresken des Langhauses sind hingegen das Resultat einer erst 1897 durch Josef Gold durchgeführten Neobarocken Umgestaltung.
Architektur
Stephan Krumenauer schuf eine weite dreischiffige Stufenhalle von drei Jochen. Die weiten spitzbogigen Arkaden ruhen auf achteckigen Pfeilern, denen in den Hauptachsen halbrunde Dienste vorgelegt waren. Im Zuge der »Neobarockisierung« des Langhauses wurden die Gurtbögen und Diagonalrippen des Gewölbes durch kleinteilig-verspielte Rokoko-Stukkaturen ersetzt. Diese verschleifen die klare Jochteilung des spätgotischen Raumbildes. Auch im Chor wich das ursprüngliche Gewölbe einer im ausgehenden Barock eingezogenen und stuckierten Tonne mit tief einschneidenden Stichkappen.
Die nachmittelalterlichen Umgestaltungsmaßnahmen brachten auch den Verlust der Fenstermaßwerke mit sich. Einzig in der um 1450 an der Südseite des Chors angebauten Münichauer Kapelle (heute Rosakapelle) hat sich ein dreibahniges Maßwerkfenster erhalten, dessen Couronnement die für die Spätgotik typischen Fischblasen zeigt.
Die zurückhaltende Gliederung des Außenbaus beschränkt sich auf die mehrfach durch Wasserschläge getreppten Strebepfeiler des hochgotischen Chors und schlanke Spitzbogenfenster. Ein mächtiges Krüppelwalmdach überspannt alle drei Schiffe. Seine Trauflinie setzt sich als einfaches Gesims an der betont schlichten Querschnittfassade fort. Deren Gliederung beschränkt sich auf ein zentrales Spitzbogenfenster und das von einem Vordach überfangene Portal.
Ausstattung
Von der mittelalterlichen Ausstattung haben sich an den Wänden des Chores acht freskierte Apostel (um 1480) erhalten. Diese flankierten den verlorenen spätgotischen Hochaltar, zu dessen Schrein die heute in der Rosakapelle aufgestellte Schnitzfigur einer Muttergottes mit Kind (um 1460) gehören könnte. Zwei Epitaphien der ausgehenden Gotik sind in die südliche beziehungsweise nördliche Wand des Langhauses eingelassen. Das Grabdenkmal des Gregor Erlbach (1515) stellt in seinem Relief die Gregorsmesse dar. Der aufwändige, von Hans Frosch aus Hall gefertigte Grabstein der Familie Kupferschmid (1520) zeigt in der Mitte ein Kreuzigungsrelief aus rotem Marmor. Um dieses gruppieren sich in acht plastisch gerahmten Feldern Nebenszenen, die ebenso in hellem Sandstein gearbeitet wurden, wie die das Epitaph bekrönende flache Muschelnische.
Weite Teile der Ausstattung entstanden im Zuge einer sukzessiven Barockisierung des Inneren im späten 17. und 18. Jahrhundert. Die 1646 von Lukas Six aus Hopfgarten geschaffene Kanzel wurde 1990 wieder an den südlichen Pfeiler versetzt. Der Hochaltar wurde 1663 von dem Bildhauer Benedikt Faistenberger in Zusammenarbeit mit seinem Schwager, dem Fassmaler Veit Rabl geschaffen. Das von Johann Spillenberger unter deutlichem Einfluss Tintorettos gemalte Altarblatt stellt Maria mit den Kirchenpatronen Jacobus und Andreas dar. Derselbe Maler schuf auch die Altarblätter der beiden äußeren von insgesamt vier (!) Nebenaltären an der Ostwand des Mittelschiffes. Vom klaren architektonischen Aufbau des Hochaltars und der beiden äußeren Seitenaltäre (um 1660) unterscheiden sich ihre beiden inneren Pendants. Deren geschwungene Formen lassen auf eine spätere Entstehungszeit schließen (um 1710). Bereits dem Rokoko gehören die Pfeilerfiguren (um 1765) an, die ebenso in der Werkstatt Franz Offers des jüngeren entstanden wie das Chorgestühl (1760). Die vier qualitätvollen Beichtstühle schnitzte Josef Martin Lengauer. Von ihm stammen auch die Wangen der Bestuhlung.
Unter den Fresken und Ölgemälden ragen vor allem die Arbeiten Simon Benedikt Faistenbergers heraus. Er schuf neben dem Deckenfresko der Rosakapelle (1724; Glorie der hl. Rosa) auch die Ölbilder der Orgelempore (1751; Anbetung der Könige, Kreuzigung Christi). Im ausgehenden Rokoko erhielt der Chor seine Deckengestaltung. Das Fresko Matthias Kirchners (1786; Verherrlichung des Altarsakraments) wird von den zarten Rocailleformen des von Andrä Hueber geschaffenen Stucks umspielt. Erst im ausgehenden 19. Jahrhundert schuf der Nazarener Josef Gold die Deckenfresken des Langhauses (1897). In ihren starren Kompositionen und vergleichsweise dunklen Farben fehlt ihnen die Dynamik und Frische der barocken Malereien.
Obgleich die Umgestaltungen der gotischen Kirche nicht nach einheitlichem Plan, sondern sukzessive vom Frühbarock bis zum spätesten Rokoko erfolgte, ergibt sich durch die Sensibilität der Barockisierungsmaßnahmen ein homogenes Gesamtbild. Dieses liegt nicht zuletzt in den Spätgotik und Barock gemeinsamen Dynamisierungstendenzen begründet. Die durchgehend hohe Qualität der Einzelteile lässt das Ganze als ein sinnlich erfahrbares Gesamtkunstwerk erscheinen.
Während das Innere nach seiner neuzeitlichen Überformung barocke Sinnenfreude ausstrahlt, präsentiert sich der Außenbau in seiner fast wehrhaften Geschlossenheit und – auch nach der jüngsten Restaurierung – unregelmäßig-erdigen Farbigkeit von fast derber Schlichtheit. Diese wahrt eine Vorstellung von der volkstümlichen Frömmigkeit des einstigen Bergstädtchens. Seit dessen Entdeckung und Vereinnahmung durch den Ski- und Snob-Tourismus bildet der beschauliche Kirchbühel einen angenehmen Gegenpol zum oberflächlich-bunten Treiben der Innenstadt." - Quelle: (
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